Prograder Drehsinn der Planeten

Warum rotieren, von Uranus mit der gekippten Achse abgesehen, alle Planeten  jenseits der Venusbahn prograd, also im gleichen Drehsinn wie die Umlaufrichtung der Planeten?

Nach gängiger Theorie sollen sich die Planeten aus der Zusammenballung von sog. Planetesimalen aufgebaut haben. Planetesimale sind Materiebrocken, die durch chemische Bindungen, Gravitation und Van-der-Waals-Kräfte bis zu Kilometergröße angewachsen sind. Eine Vielzahl dieser Brocken sollen durch Vereinigung zu Asteroidengröße, und später bis zu Mond- oder Kleinplanetengröße anwachsen sein. Um auf diese Weise einen Planeten in Rotation zu versetzen, ist eine bestimmte Art der Kollision dieser Objekte mit dem Zentralkörper unerlässlich:
Die Einschlagsrichtung muss annähernd tangential einseitig über die Oberfläche verteilt erfolgen. Nur so kann ein Drehmoment zwischen dem zentralen Schwerpunkt und den einzelnen Einschlagspunkten auf der Oberfläche entstehen. Nach bisheriger Sichtweise spielten Gashüllen bei der Planetenentstehung lediglich die Rolle kosmischen Beiwerks mit unterschätzter Bedeutung für die Bewegungsvorgänge. Ohne Berücksichtigung einer Gashülle lässt sich aber beim besten Willen keine eindeutige Drehrichtung konstruieren. Die inneren Planeten Merkur und Venus passen mit ihren geringen Eigenrotationzahlen nicht in das Schema. Dass wird verständlich, wenn man die Erkenntnisse über die Sternentwicklung zugrunde legt. Die Bildung von protoplanetaren Konzentrationen, die im folgenden als Linsen bezeichnet werden, wird im inneren Bereich der Scheibe durch zu hohe Temperaturen und Strahlungsdruck wirksam verhindert.

Tatsache ist aber, dass alle Planeten mit Ausnahme der Venus prograd drehen.

Uranus, mit seiner gekippten Drehachse, stellt ebenfalls einen Sonderfall dar, der einer gesonderten Erklärung bedarf. Unstrittig ist jedoch, dass der überwiegende Drehsinn der Planeten in unserem Sonnensystem kein Zufall sein kann.

Unmaßstäbliche Darstellung     Quelle: Werren

 

Carl Friedrich von Weizsäckers Modell erklärt den Urnebel mit seinen Wirbeln und Knoten

als Kondensationspunkte der Planeten. In die Knotenpunkte lassen sich entsprechend den Strömungspfeilen  prograd drehende Simale einzeichnen. Das Modell hat aber den Schönheitsfehler, dass die den Pfeilen entsprechenden Geschwindigkeiten, nur retrograde Drehungen ergeben, und die Drehzahlen extrem gering sind. Außerdem gibt es keinen einleuchtenden Grund für die Annahme radialer Strömungen in der Scheibe,

die auch noch gegenläufig sein sollen.

Zwei Forschergruppen in den USA, die 1992 mit Computersimulationen die Protoerde mit Planetesimale bombardiert hatten, entdeckten keinen bevorzugten Drehsinn.

Dabei bewahrheitet sich die alte Weisheit, dass jede Simulation nur so gut ist, wie die Hypothese, nach der der Computer simuliert.

Die Forscher Lissauer und Kary der New Yorker Universität in Stony Brook vermuteten,

die Planeten hätten in den Endphasen ihrer Entstehung durch den Einschlag großer Brocken aus exzentrischen Bahnen einen prograden Drehsinn vermittelt. Auch dieses ist, wegen der statistisch anzunehmenden zufälligen Einschlagsrichtungen, vollkommen unwahrscheinlich. Außerdem müssten diese Brocken alle Planeten von Erde bis Neptun gleichsinnig und äquatorial getroffen haben. Das entspräche, bei Berücksichtigung der gekippten Polachse von Uranus, einer Lotterie, mit einer Gewinnquote 11/12, oder 92%.

Das gilt auch für den ähnlichen Erklärungsversuch von Dones und Tremaine von der University of Toronto. Besonders absurrt wird es, wenn für einen hypothetischen Himmelskörper von der Größe des Mars, der mit der Erde kollidiert sein soll, sogar ein Name vergeben wird.

Quelle: NASA/Jet Propulsion Laboratory am California Institute of Technology

Eine andere Betrachtungsweise

Alle Versuche die prograde Planetendrehung mit der gewohnten Vorstellung der Planetenentstehung in Einklang zu bringen, schlagen fehl. Wenn die herkömmlichen Theorien sich nicht durch Rechnungen bestätigen lassen, empfiehlt es sich, diese noch mal zu überdenken, und die Gegebenheiten als Ergebnis einer intensiven Wechselwirkung aerodynamischer und himmelsmechanischer Kräfte anzusehen.